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Stuttgarter Wochenblatt vom 27. März 2008

Die Heimat zu Fuß erkundet

Jürgen Gruß engagiert sich vielfach für Heimat und Naturschutz - 638 Wanderungen hat er schon geführt KEMNAT - Es gibt viele Arten, die Umgebung zu erkunden. Jürgen Gruß kennt einige davon, und er nimmt andere mit auf seine Entdeckungstouren. Unter anderem bietet er Schienenkreuzfahrten, Verkehrsverbundrallyes, Bädertouren oder heimatkundliche Wanderungen an. Wandern, Naturschutz und Heimatkunde sind für den Kemnater längst mehr als Hobbys. Aus diesen Interessen haben sich mehrere Ehrenämter ergeben und eine Nebenbeschäftigung als Exkursionsleiter. Und weil der 49-Jährige auch gern sammelt und dokumentiert, ist seine Wohnung mittlerweile zum kleinen "Grußeum" geworden. Gegen Ende seiner Lehrzeit, als 19-Jähriger, trat Gruß in die Kemnater Ortsgruppe des Schwäbischen Albvereins ein. Neugierig auf alles, was mit Heimat zu tun hat, deckte er sich bald mit zusätzlichem Material über die erwanderten Orte und Gebiete ein - zunächst nur privat, später für seine Touren als Wanderführer beim Schwäbischen Albverein und als Exkursionsleiter bei den Volkshochschulen Ostfildern und Esslingen.

Ideen fehlten ihm nie. "Was machen andere und was nicht", fragte sich Gruß und entwickelte ein eigenes Profil. So kann man mit ihm auf Schienenkreuzfahrt gehen, eine Exkursionsform, die sich auch für Menschen eignet, die weniger gut zu Fuß sind. Vom Zugabteil aus genießt man die Landschaft und bekommt Hintergrundinformationen vom Reiseleiter, in verschiedenen Bahnhöfen stehen kleine Ausflüge in die Umgebung oder zum Mittagessen oder Kaffeetrinken an.

Neu sind dieses Jahr die Bädertouren, die den sportlichen Aspekt eines Badbesuches mit Spaß und Wissensvermittlung verbinden. Aqua-Gymnastik, Schwimmen, ein Stadtrundgang oder eine andere Besichtigung können dazugehören. Damit glaubt Gruß "einen Nerv zu treffen". Sechs solcher Ausflüge in attraktive Bäder hat er schon fertig konzipiert. Wanderungen auf dem Jakobsweg oder von Brunnen zu Brunnen sind Dauerbrenner. Erleben und Genießen gehören bei Gruß immer zusammen - am besten mit Wissensvermittlung kombiniert. Heimatkunde war nach seiner Beobachtung vor allem Ende der 1990er-Jahre gefragt. "Wenn es den Leuten finanziell und materiell nicht so gut geht, hat die Heimat Konjunktur", ist er überzeugt. Kürzlich, am 1.März, hat der Wandervogel übrigens seine 638. Tour geführt und wie immer mit Teilnehmerliste, Tipps und Hinweisen dokumentiert.

Bekannt wurde Jürgen Gruß eigentlich durch seine 2000-Orte-Aktion. Von 1978 bis 2004 besuchte er wandernd sämtliche eigenständigen Gemeinden im Ländle. Das war anfangs gar nicht so geplant, entwickelte sich dann aber immer weiter und brachte ihm mehrere Auftritte in Radio und Fernsehen ein. Doch das ist vorbei. Jetzt beschäftigen ihn vor allem seine Ehrenämter. Seit 1988 arbeitet er in der Naturkundebuchgruppe der Volkshochschule mit. Ebenfalls seit 20 Jahren ist er Naturschutzwart seiner Albvereinsgruppe in Kemnat. Zwei Ämter auf Gauebene des Albvereins kamen dazu: Zum einen der Fachwart für Heimat- und Brauchkunde und seit drei Jahren auch der Gaunaturschutzwart. Letztere Aufgabe ist für Gruß die verantwortungsvollste und mit rund 500 Stunden im Jahr auch aufwändigste.

Er organisiert Pflegeeinsätze und Lehrgänge, gibt den Ortsgruppen Impulse, kooperiert mit Verbänden und Behörden, schreibt Statistiken und Berichte, formuliert politische Stellungnahmen. Dabei liegt ihm am Herzen, den Naturschutz im Schwäbischen Albverein zu stärken und Zusammenhänge zu vermitteln. Auch beim Recyclinghof Ostfildern gehört Gruß zu den Ehrenamtlichen.
"Da bin ich mit zwei anderen zusammen eins der Fossile, die seit Anfang an dabei sind", betont er. Langweilig wird es Jürgen Gruß also bestimmt nicht - aber er sieht seine Aktivitäten nicht als Last, sondern als "intensive Freizeit".

kaa 27.03.2008